Diese Plattform möchte ich nutzen, um in regelmäßigen Abständen über meine Erfahrungen und Erlebnisse zu berichten.
Ich absolviere von Mitte Dezember 2012 bis Mitte März 2013 mein Praktikum im CFIAM Ouagadougou. Dort bin ich für den Informatikraum verantwortlich und soll den Auszubildenden Computerkenntnisse vermitteln. Bernard Zongo, Gründer von ATTOUS–Yennenga, konnte innerhalb der letzten Monate Gelder für die Anschaffung von 12 PC-Arbeitsplätzen akquirieren (50% Yennenga e.V., 50% Oxfam Québec). Des Weiteren wurden gepolsterte Stühle und eine Klimaanlage für diesen Raum gekauft. Gerade die Klimaanlage, die sonst in keinem Klassenraum vorhanden ist, zeigt den hohen Stellenwert des Informatikraumes innerhalb des CFIAM. Die angeschafften PCs entsprechen nicht den neuesten Standards, sind aber auch keine „alten Mühlen“. Verbaute Prozessoren um die 3 Ghz und Festplatten von 80Gb ermöglichen eine absolut flüssige Nutzung aller Office-Anwendungen. In drei Computern ist sogar eine WLAN-Karte verbaut, die eine Verbindung über das CFIAM-WLAN ins Internet ermöglicht. 12 stromsparende Flachbildschirme komplettieren den Informatikraum. Insgesamt können so 24 Mädchen (2 pro PC-Arbeitsplatz) gleichzeitig an den PCs arbeiten.
In Absprache mit den Lehrern konnten zwei Stunden pro Woche für den Informatikunterricht in den Stundenplänen aller Ausbildungszweige und Jahrgänge reserviert werden. Bis zum meinem Abflug Mitte März kommen die Mädchen und Frauen insgesamt auf ca. 18 Stunden Informatikunterricht. In dieser Zeit möchte ich ihnen in einem ersten Schritt die Berührungsängste und den Respekt vor der Arbeit mit dem neuen und unbekannten Gerät nehmen.
Anschließend möchte ich die Grundlagen der Textverarbeitung vermitteln und Grundfunktionen in Excel vorstellen. Aufbauend auf diese Fähigkeiten soll dann das Versenden und Empfangen von E−Mails erlernt werden. Dies stellt einen Schwerpunkt des Kurses dar.
Abschließen möchte ich den Kurs mit einer kurzen Vorstellung weiterer Anwendungen des PCs, die innerhalb des Kurses nicht erklärt und erlernt werden konnten, um so die Motivation an der persönlichen Weiterbildung zu wecken. Nach meinem 3-monatigen Praktikum sollten deshalb alle Mädchen und Frauen ein E-Mail-Postfach besitzen und dieses auch verwenden können.
Im Anschluss an ihre Ausbildung werden die Absolventinnen noch weiter von ATTous-Yennenga betreut. Den Absolventinnen soll in der Zeit des Übergangs in den Beruf eine Hilfestellung gegeben werden, um mit ersten Rückschlägen in der Arbeitswelt angemessen umgehen zu können. Denn es darf nicht vergessen werden, dass die Mädchen und Frauen Berufe erlernt haben, die traditionell Jungen und Männern vorbehalten sind. Anfängliche Ressentiments bilden daher leider keine Ausnahme.
Durch die Nutzung von E-Mails besteht eine neue Möglichkeit, mit den Mädchen und Frauen nach Abschluss ihrer Ausbildung in Kontakt zu bleiben. So könnten die Absolventinnen schnell über Praktikumsplätze und Jobangebote informiert werden. Auch könnte ein regelmäßiger Austausch über gemachte Erfahrungen und angetroffene Probleme mit Hilfe des elektronischen Postweges stattfinden. Dies könnte in regelmäßigen Abständen durch den Koordinator initiiert werden.
Zurzeit wird auf das Handy als Kontaktmedium zurückgegriffen. Hier besteht jedoch das Problem, dass sich die Rufnummern häufig ändern. In Burkina Faso werden Handynummern öfter gewechselt, als dies in Deutschland der Fall ist. Alles basiert nämlich auf „Prepaid-Karten“. Diese werden gekauft, das Guthaben vertelefoniert und dann entweder aufgeladen oder es wird eine neue Karte gekauft, weil ein anderer Anbieter das zu dem Zeitpunkt günstigere Angebot hat. Damit verfällt die alte Rufnummer, denn ein Angebot wie die Rufnummernmitnahme wird nur in den seltensten Fällen genutzt. Insgesamt stellt hier der Kontakt via E-Mail eine komfortablere und auch - wie gerade erläutert - sicherere Alternative dar.
05.01.2013
Zeugnisübergabe und Verabschiedung der Absolventinnen
Ende letzten Jahres haben 40 Auszubildende des CFIAM Ouagadougou ihre Abschlussprüfung in ihren jeweiligen Ausbildungszweigen Autoelektrik, Karosseriebau/ Lackiererei sowie Schneiderei absolviert und bestanden. Die erste Woche des Ausbildungsbetriebs nach den „Winter“ferien stand ganz im Zeichen der Vorbereitung ihrer Verabschiedung: Das Essen musste bestellt, die Medien informiert und ein Schirmherr und Sponsor für die Zeremonie gefunden werden. Des Weiteren mussten Stühle und Zelte gemietet und Geschenke für die erfolgreichsten Absolventinnen zusammengestellt werden. Diese Arbeiten teilten die Angestellten des CFIAM unter sich auf.
In mehreren Sitzungen während der Woche informierten sich die einzelnen Kommissionen gegenseitig über den Fortgang ihrer Vorbereitungen. Diese Sitzungen hätte man sicherlich schneller und auch effektiver abhalten können. Es wurde viel diskutiert, aber nur selten eine Entscheidung getroffen. Daran stört sich hier aber keiner. Sitzungen und Konferenzen sind hier nicht ergebnisorientiert wie bei uns, sondern noch Zusammenkünfte, bei denen viel gelacht wird und sich amüsiert werden kann. Doch es wurden pünktlich zur Zeremonie alle wichtigen Entscheidungen getroffen und so ist auch alles rechtzeitig fertig geworden.
Den Kern der Zeremonie bildeten drei Reden. Die Rede des Koordinators des CFIAM, die Rede des Schirmherrn und die Rede des Sponsors. Die Reden wurden in ein abwechslungsreiches Programm eingebettet. So haben die Absolventinnen einen Sketch aufgeführt zum Thema Mädchen und Frauen in nicht-traditionellen Berufen. Des Weiteren wurde ein Tanz dargeboten und die Mädchen aus dem Ausbildungszweig Schneiderei haben ihre Arbeiten in einer Modenschau vorgeführt. Pausen im Programm wusste der Sponsor geschickt zu nutzen, indem er seinen Jingle abspielen ließ. Zu meiner Verwunderung wurde dies aber überhaupt nicht als störend empfunden.
Nach den Reden und Aufführungen stand endlich das an, für das viele gekommen sind - das Essen. Es hatte sich bereits herumgesprochen, dass über 100 Hühner bestellt und zubereitet worden waren.
In aller Regel wird eine Gesellschaft in Gruppen eingeteilt: offizielle Gäste, Familie oder Freunde und Nachbarn. Für jede dieser Gruppen sollte nun in einem eigenen Raum jeweils ein Büffet aufgebaut werden. Die Schwierigkeit bestand während der Organisation der Feier darin, die jeweilige Gruppengröße abzuschätzen, damit Speisen und Getränke der Anzahl der Personen entsprechend in hinreichendem Maße bereitgestellt werden konnten.
Für die Offiziellen gilt grundsätzlich, dass ihnen der größte Anteil des Essens zur Verfügung gestellt werden muss. Aus zwei einfachen Gründen: Zum einen werden sie als die wichtigsten Gäste angesehen, denen es während des Festaktes an nichts mangeln soll; zum anderen fühlen sich Gäste, die sich nicht eindeutig einer Gruppe zuordnen lassen, tendenziell den Offiziellen zugehörig. Dies führt dazu, dass die die Gruppe der Offiziellen die größte Gruppe bildet.
Kurz nachdem das Buffet eröffnet worden war, wurde mir klar, warum eine Einteilung in Gruppen notwendig ist. Nach 30 Minuten waren die Büffets leer, lediglich bei den Offiziellen gab es noch etwas zu essen, was wohl nur daran lag, dass sie später mit dem Essen begonnen hatten, da der Sponsorenstand noch vorher besichtigt worden war.
Insgesamt kann man nicht ganz unbegründet die These aufstellen, dass - selbst wenn das doppelte Budget zur Verfügung gestanden hätte - das Essen in kürzester Zeit vertilgt worden wäre. Für dieses Verhalten gibt es aber auch eine Erklärung. Bei größeren Zeremonien wird in der Regel Fleisch serviert, das in vielen Familien nicht auf dem wöchentlichen Speiseplan steht. Fleisch ist in Burkina Faso ein Luxusgut. Größere Zeremonien wie diese stellen daher für nicht wenige Familien eine der seltenen Möglichkeiten dar, in den Genuss von Fleisch zu kommen. Um zu gewährleisten, dass jeder Offizielle die ihm zugedachte Fleischportion erhält, wird die Gesellschaft in Gruppen aufgeteilt, die getrennt voneinander verköstigt werden.
Nach dem Essen wurde noch die Gelegenheit genutzt, sich mit den anderen Gästen auszutauschen, um die Zeremonie langsam ausklingen zu lassen. Die Absolventinnen im Ausbildungszweig Schneiderei haben ihre Arbeiten zum Kauf angeboten und andere Absolventinnen haben Fleischspieße gegrillt und verkauft, um ihre „Stufenkasse“ zu füllen und die Abschiedsparty in einer kleinen Disko in der Nähe des CFIAM zu finanzieren. Als sich die meisten Gäste verabschiedet hatten, war das CFIAM wieder fest in der Hand der Absolventinnen, die sich in der Mitte des Geländes zusammenfanden, um tanzend ihren Abschluss zu feiern.
14.02.2013
Erfahrungen aus den Unterrichtsstunden
In den ersten Wochen des Unterrichtes versuchte ich möglichst alle Schülerinnen bei ihrem Wissen und Können im Umgang mit dem Computer abzuholen. Die Schwierigkeit bestand darin, dass in jeder Klasse höchst unterschiedliche Niveaus vorhanden waren. Manche Mädchen hatten den PC schon vor Beginn der Stunde hochgefahren und klickten sich munter durch die Menüs. Bei anderen wiederum waren die Berührungsängste größer: Sie hatten bis dahin noch nicht die Möglichkeit aktiv an einem PC zu arbeiten, einige saßen sogar zum ersten Male in ihrem Leben vor einem Computer. Daher konnte ich nur in seltenen Fällen Anwendungen via Frontalunterricht erklären. Vielmehr habe ich mich von PC zu PC bewegt und geschaut, wo die Probleme liegen, um individuelle Hilfestellungen zu geben. Schwierigkeiten, die öfter aufgetreten sind, konnte ich dann noch einmal vor der Klasse ansprechen.
Nach dem die Handhabung der Computermaus sowie die unterschiedlichen Klicks besprochen wurden, habe ich mit der Textverarbeitung begonnen. Die Textverarbeitung habe ich als Einstieg gewählt, da sie nicht sonderlich abstrakt ist. Die Computertastatur ist mit ihren Tasten in materieller Form vorhanden (anders als die Schalter der Menüs auf dem Bildschirm). Auch kann die Auswirkung eines Tastendruckes auf der Tastatur direkt auf dem Bildschirm überprüft werden. Außerdem sind einige Mädchen schon geübt im Schreiben von SMS und konnten somit auf bereits Erlerntes zurückgreifen.
In der ersten Unterrichtsstunde habe ich ausgewählte Sätze diktiert, um die Verwendung möglichst aller Satzzeichen, Akzente und Sonderzeichen zu gewährleisten. Diese Vorgehensweise stellte sich jedoch nicht als sehr glücklich heraus. Denn auch die Niveaus der orthographischen Kenntnisse waren höchst unterschiedlich, mit der Folge, dass einige Mädchen sich von dem Diktat überfordert sahen.
Aus diesem Grund habe ich für die folgenden Unterrichtsstunden die Dokumente und Texte in ausgedruckter Form vorbereitet, so dass sich die Mädchen komplett auf das Tippen und das Layout konzentrieren konnten. So konnten verschiedene Textformen besprochen werden: Es wurde ein Brief geschrieben, eine Einladung erstellt und das Layout eines Aushanges entworfen und umgesetzt.
Im Mittelpunkt einer jeden Aufgabe steht die Anwendung der verschiedenen Formatierungsmöglichkeiten, die die Textverarbeitung zur Verfügung stellt. Schöne Momente gibt es dann, wenn ich z.B. einem Mädchen die Funktion „fett“ vorgestellt habe und ich dann einige Minuten später ihr Dokument anschaue und sehe, dass nicht nur die Funktion „fett“, sondern auch weitere Funktionen wie „kursiv“ oder die Farben angewendet wurden. In diesen Fällen habe ich den Eindruck, dass die Mädchen Interesse an der Arbeit haben und sie sich selbstständig weiteres Wissen aneignen können. Es gibt aber auch einzelne Fälle, in denen meine Bemühungen nicht auf fruchtbaren Boden stoßen und ich ein Interesse an der Arbeit mit dem Computer nicht wecken kann.
Insgesamt geben mir die Mädchen jedoch das Gefühl, dass sie gerne am Computer arbeiten. So nutzen einige Mädchen Pausen im Unterricht um weitere Programme auszuprobieren. Zwangsläufig sind sie dabei auf einige vorinstallierte Spiele und eine Encarta Enzyklopädie gestoßen, die eine größere Beliebtheit als Word oder Excel genießen. Dies gehört in einem gewissen Rahmen auch zur Arbeit mit dem Computer und stellt gerade für Mädchen, die mit der Textverarbeitung wenig anfangen können, eine willkommende Alternative dar. Da halte ich es für sinnvoller, dass sich die Mädchen auf diese Weise mit dem PC beschäftigen als dass sie einfach nur vor einem geöffneten Word-Dokument sitzen, weil ich sie womöglich dazu gezwungen habe. Außerdem stellt das gezielte Klicken mit der Maus für einige Mädchen eine wirkliche Herausforderung dar. Warum also nicht „spielend“ den Umgang mit der Maus erlernen…
28.02.2013